Podcaster Markus Koller: „Erstaunt über die hohen Downloadzahlen“
Wer sind eigentlich die Leute, die Inhalte unter Creative Commons veröffentlichen oder diese Inhalte nutzen? Und warum tun sie es? Eine Serie. Dieses Mal: Markus Koller, Podcaster und Webradiomacher bei Starfrosch.ch.
Lieber Markus, was machst Du eigentlich so?
Ich bin Systemadministrator in einer mittelgrossen, sozialen Institution in der Nähe von Bern. Ich habe mich für ein Leben mit Musik entschieden, da mir das unglaublich viel Freude bereitet. Ich mag das Internet. Daraus hat sich mein Projekt starfrosch entwickelt: Musik Podcast, Blog, Radio und die #hot100 Charts, mit denen wir die aktuellen Trends erfassen.
Und was hat das mit Creative Commons zu tun?
Im Internet Projekte mit Musik zu betreiben und dabei in legalen Gewässern zu segeln ist entweder kompliziert oder teuer. Mit Creative Commons lizenzierter Musik kann ich starfrosch im Internet laufen lassen und dabei erst noch gut schlafen. Freie Musik, wie frei in Freiheit, ermöglicht das.
Wie schon erwähnt bist Du hauptverantwortlich für starfrosch.ch, einem Projekt mit Schwerpunkt Creative Commons Musik. Wie kam es dazu und was zeichnet starfrosch aus?
Ursprünglich war starfrosch vor 13 Jahren eine Band mit drei Mitgliedern. Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, ein Publikum zu erreichen ohne auf die Bühne zu gehen. Unsere Website war unsere Bühne, die ich kontinuierlich mit Open Source Software zur Community ausgebaut habe. Es gab Chat, Games, einen Blogvorläufer und einen Downloadbereich mit unserer Musik, für den sich aber kaum jemand interessierte. Ich machte mich auf die Suche nach einem Label, fand Netlabels im Internet und wir veröffentlichten früh zwei Alben unter Creative-Commons-Lizenzen. Wir waren erstaunt über die hohen Downloadzahlen.
Und wie kam es dann zu Podcast und Radio?
Unsere Community hatte schon immer RSS Feeds für den Blog. Ein Kollege machte mich auf die Podcast-Erweiterung aufmerksam, ich baute die ein und dachte mir: „Was fürn Quatsch, was machen wir bloß damit?“. Wir brauchten Content, um den Podcast zu füllen, nahmen Netlabel Musik und entstanden ist damit der erste Podcast der Schweiz. Die Medien berichteten fleissig darüber und wir hatten massig Abonnenten. Wir öffneten den Podcast, damit alle Netlabel Ihre Musik im Community-Podcast veröffentlichen konnten, und wurden zu Konferenzen eingeladen, veranstalteten die Netaudio 05, welche Ihre Fortsetzung in London und Berlin fand. Das Ganze war ziemlich stressig. Nach ein paar Jahren aber ging uns die Luft aus, die Musik entsprach nicht mehr unseren Vorstellungen und wir machten den radikalen Schnitt, den Community-Podcast zu stoppen. Wir haben ein simples Blog mit nur noch einem Podcast hochgezogen, das wir auch heute noch betreiben. Wir hatten zig gute Netlabels und Künstler per RSS Feeds abonniert und bloggten regelmässig darüber. Irgendwann verstummten die RSS Feeds der Netlabels. Wir haben noch versucht per Social Media die Netlabel Veröffentlichungen zu verfolgen, der Lärm in Social Media war uns aber zu anstrengend. Aus dem Bedürfnis heraus, gute freie Musik zu finden, sind dann die #hot100 Charts entstanden.
Wie wählt ihr die Songs für Euren Podcast, Blog und Radio aus?
Wir nehmen die Musik aus unseren #hot100 Charts. Jede Woche aggregiert unser Roboter die populärsten legal herunterladbaren Tracks des letzten Monats von Soundcloud, Jamendo, Free Music Archive, Archive.org and ccMixter. Das ergibt jede Woche mehr als 15.000 Tracks. Diese werden nach Hotrank sortiert und veröffentlicht. Der Hotrank wird von folgenden Faktoren beinflusst: Downloads, Streams, Favoriten, Twitter tweets, Facebooks shares und Last.fm plays und Zuhörern. Diese Faktoren werden verschieden gewichtet und addiert, das ergibt den Hotrank. Danach werden die Charts sortiert.
Mit den #hot100 Charts erfassen wir die aktuellen Trends und suchen bewusst den Mainstream in der freien Musik.
Habt ihr Vorbilder (gehabt) oder befreundete Podcasts und Webradios?
Moritz mo. Sauer von Phlow mag ich gern und seine Projekte sind immer wunderschön designed und strukturiert. Ansonsten lasse ich mich ständig von Dingen in- und ausserhalb des Internets inspirieren. Ich mag schöne Strukturen und Systeme, diese strahlen eine zeitlose Gelassenheit aus.
Ganz allgemein, was gefällt Dir an Creative Commons, was stört Dich?
Die Freiheit von Creative Commons wirkt beflügelnd. Allerdings finde ich es zwischendurch ziemlich dämlich, Musik aufgrund von Lizenzen zu hören. Musik ist eine universelle Sprache und sollte nicht nur oder wegen einer Lizenzform gehört werden.
Was ist Deine liebste Quelle für Creative-Commons-lizenzierte Inhalte?
Unsere #hot100 Charts hat inzwischen 25’000 populäre Tracks und wöchentlich kommen 3000 neue dazu. Das ist ein riesen Fundus, den ich immer wieder durchstöbere. Twitter spült auch hübsche Tracks aus dem Untergrund, aber den Noise den man dabei ertragen muss, ist manchmal ein fast zu hoher Preis.
Zum Abschluss: was müsste Deiner Meinung nach passieren, damit Creative Commons und vor allem CC-lizenzierte Musik Mainstream wird?
Die Musik ist bereits Mainstream-tauglich. Hört euch als ein Beispiel Kelle Maize an. Sie hat bereits über eine Million Downloads und eine riesen Fangemeinde. Wir betreiben die #hot100 Charts seit etwas mehr als zwei Monaten und wir sind jede Woche überrascht, wie sehr sich die Qualität der Musik in den letzten zehn Jahren verbessert hat. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis CC-Musik im Mainstream richtig Fuss fasst. Ein weiteres Beispiel? Alec Troniq’s Mind Doodle hat über 300’000 Plays auf Soundcloud. Das sind noch nicht zig Millionen, aber doch eine erstaunliche Entwicklung.